Bekannte Erlenbacher

Peter Kunz und Jakob Ammann haben zwei Sachen gemeinsam: Sie erblickten in Erlenbach das Licht der Welt und wandten sich von der damals herrschenden katholischen Kirche ab. Jeder auf seine Weise: Peter Kunz als Berner Reformator und Jakob Ammann als Gründer der Amischen.


Peter Kunz - Kirchherr von Erlenbach und Berner Reformator

Peter Kunz ist in der Zeit um 1480 in Eschlen bei Erlenbach als Sohn eines begüterten Bergbauern geboren. Seine Mutter ist eine geborene "Strün" (heute Streun), ein Geschlecht, das immer noch in der Gemeinde anzutreffen ist. Wahrscheinlich war es der damalige Chorherr, der dem sehr aufgeweckten Knaben erste Förderung zuteil werden liess und ihm den Weg ins Stift Interlaken ebnete. Als katholisch fühlender Jüngling verliess Peter Kunz Erlenbach. Es existiert kein Wissen über die Schulung des Jungen. Der einstige Bergbauernbub wurde aber Chorherr des Augustinerordens und 1517 wurde Kilchherr von Erlenbach übertragen. 

Gedenktafel an der Westwand der Kirche Erlenbach im Simmental
Gedenktafel an der Westwand der Kirche Erlenbach im Simmental

Peter Kunz war Abkömmling einer verwurzelten Bergbauernfamilie, erlebte eine katholisch geprägte Kindheit und erhielt schliesslich die Ehrenstellung als Priester. Er war dadurch wenig prädestiniert ein Reformator zu werden. Es gibt keine Äusserung oder Dokumente, die Kunzens Feder entstammen und die Gedanken wiedergeben, welche Kunz bewogen haben, dem alten Glauben den Rücken zu kehren. Kunz war aber nicht bloss Mitläufer der Reformation, sondern er gehörte zu denen, die der neuen Bewegung bereits verpflichtet waren. 

1522 verfasste der Barfüssermönch Sebastian Meyer eine der ersten reformatorischen Schriften im Kanton Bern. Es ging gleich um ein heisses Eisen: Viele Priester kamen mit dem Zölibat nicht mehr zurecht und lebten einfach mit ihrer häuslichen Hilfe im Konkubinat. Meyer befürwortete die Priesterehe. Solches konnte auch jenseits des Stockhorns nicht unbekannt bleiben und in Erlenbach kam es wohl erstmals im April 1524 zu öffentlichen Verhandlungen über die Stellung der Bevölkerung im Glaubensstreit. Leider ist die Antwort verloren gegangen. Das streng altgläubige Obersimmental bittet aber die Regierung inständig beim Hergebrachten zu bleiben und beschwert sich, dass es Priester gebe, die Neuerungen einführen wollen. Die Obersimmentaler spielen dabei auf die Kilchherren von Oberwil und Erlenbach an. Schon früh änderten die Erlenbach die Taufpraxis und bedienten sich dabei der deutschen Sprache. Ein heikler Punkt war nach wie vor die Priesterehe. Das eingehen einer solchen Ehe war für den betreffenden Geistlichen nicht harmlos und wurde, obwohl biblisch begründet, heftig geandet. Allem Anschein nach hatte sich Peter Kunz schon vor 1524 fest verheiratet, ohne allerdings seine Ehe öffentlich bekannt zu geben. Trotz aller Gefahren führte er die Ehe weiter und die Erlenbacher haben ihn offensichtlich gedeckt. Am 13. Mai 1527 strömten stimmberechtigte Männer von Wimmis bis Weissenburg in der Kirche Erlenbach zusammen um über die Frage, ob man beim konservativen Pfingtsmontagseid bleiben oder zum reformfreundlichen Erlasse "Viti et Modesti" zurückkehren wolle. Durch die reformatorischen Predigten Kunzens entschieden die Landleute vom "Niedersiebenthal" sich von den bisherigen kirchlichen Obern, von der kirchlichen Hierarchie abzuwenden, um fortan Glauben auf das "war, luter, einig gotteswort ze setzen".

 

Dass Peter Kunz alle Disputationsaktien mit Freuden zustimmte, war klar. Er stelle sich also auch hinter die achte Schlussrede, die festhielt: "Bilder machen ze vererung, ist wider gotts wort, nüws und alts testamtent; desshalb, wo si in gfahr der vererung fürgestellt, abzuthun sind". So wurde die Erlenbacher Kirchenzierden zerstört und die Bilder übertüncht. Als Leitern an die Wände gestellt wurden, wurde glücklicherweise kein einziges Bild vor dem Überpinseln zerstört. So hat Peter Kunz die Bilder wohl gerettet, denn er konnte nicht wissen, dass die Tünche die Bilder vor dem allmählichen Zerfall und vor dem Zugriff der Barockzeit schützte.


Jakob Ammann - Gründer der Amischen

Noch viele Fragen über das Leben und den Werdegang des Gründers der Amischen sind offen. Stück für Stück lüftet sich jedoch das Geheimnis über die Herkunft von Jakob Ammann.

 

 

In den Kirchenbüchern von Erlenbach im Simmental ist zu lesen, dass Jakob Ammann als Sohn von Michael am 12. Februar 1644 getauft wurde. Als Zeugen werden Hans Tschabel, Christen Boshart und Salome Sultzinger aufgeführt. Jakob Ammann war das dritte Kind des Schneiders Michael Ammann und seiner Frau Anna Rupp. Die Eltern wurden ebenfalls in Erlenbach geboren und auch dort verheiratet. Mindestens sechs Kinder entstammen dieser Gemeinschaft. Leider gibt es keine weiteren Angaben über Jakobs Kindheit und ob diese anders als bei andern Kindern verlaufen ist. 

Amische in den Vereinigten Staaten (Typbild)
Amische in den Vereinigten Staaten (Typbild)

 Nach der Geburt seiner Schwester Anne im Jahre 1651 zog die Familie Ammann nach Oberhofen am nordöstlichen Ufer des Thunersees gelegen. Konnten die Ammanns ein Haus erwerben oder waren es berufliche Gründe, welche sie zu diesem Schritt bewegten? Wir wissen es nicht. In diesem Dorf am Thunersee kam der jüngste Sohn Ulrich zur Welt. Seine Mutter Anna war zu diesem Zeitpunkt bereits 48 Jahre alt. Der Taufakt ist in den Büchern der Kirchgemeinde Hilterfingen, zu dieser gehörte Oberhofen, von Pfarrer Christian Engelhard am 12. Januar 1662 festgehalten worden: "[Von] Michael Amman unnd Anna Rupp [ist] ein Ulli getoufft, zeügen Hans Bur, alt Kilchmeyer, Ulli Rittschart unnd Madlena Rittschart".

 

Als Ulrich etwa 10-jährig war, entschlossen sich die Eltern, in ihr Heimatdorf Erlenbach im Simmental zurückzuziehen. Sie fühlten sich ausser Stande, ohne Hilfe der Kinder für den Hof zu sorgen. Ausser Catharina und Ulrich hatten alle Kinder das Elternhaus verlassen und waren anderswo beschäftigt. 

 

ein von Amischen bewohntes Hausn in den Vereinigten Staaten (Typbild)
ein von Amischen bewohntes Hausn in den Vereinigten Staaten (Typbild)

Jakob Ammann blieb in Oberhofen. Dem Chorgerichts-Manual Hilterfingen ist zu entnehmen, dass er sich ans Chorgericht Hilterfingen wandte, um einen Kredit zu erhalten. Wollte er das Schneideratelier seines Vaters wieder in Stand stellen?

 

Ammann's Übertritt zu den Täufern war wahrscheinlich im Jahre 1679. Denn am 12. März 1671 war er noch Spender der Taufe von Uli Immer und Barbara Frutiger's Sohn Jakob und somit in gutem Einvernehmen mit der staatlichen Kirche. 

Ein weiterer Beweis, dass Jakob Ammann in Erlenbach im Simmental geboren worden war, ist ein Schreiben der Berner Regierung vom 4. Juni 1680 an die Behörden von Oberhofen, in welchem es hiess, dass Jakob Ammann "von Erlenbach" von der Sekte der Täufer infiziert wurde. Das bernische Gericht befahl daraufhin, nach Ammann zu senden, diesen zu befragen und zu versuchen, diesen auf den richtigen Weg zu bringen. Andernfalls würde Ammann an die Grenzen des bernischen Territoriums gebracht und aus diesem verbannt.

 

In Saint-Marie-aux-Mines, im Elsass, wo sich Ammann niederliess, fand er eine tolerante Regierung. Unter den Täufern selber herrschte mit der Zeit Uneinigkeit. Ammann und eine Gruppe Gleichgesinnter fanden, dass die Täufer zu liberal wurden. Unter der Führung von Jakob Ammann entstand 1693 eine neue, nach ihm benannte Gemeinschaft - die Amischen.